Reverse-Charge im Kfz-Handel? (Meist nicht §13b) – Innergemeinschaftliche Lieferung & Gelangensbestätigung

published on 22 December 2025

Viele suchen im Kfz-Handel nach „Reverse-Charge“ – gemeint ist in der Praxis aber fast immer die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (ig Lieferung) beim Verkauf an einen Unternehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Der Knackpunkt ist selten „Steuer auf der Rechnung“, sondern: Hast du USt-IdNr., Buchung & Nachweise so dokumentiert, dass die 0 % wirklich halten?

Inhalt

Dieser Leitfaden zeigt dir praxisnah, wie du eine ig Lieferung im Fahrzeughandel sauber abwickelst: Voraussetzungen, korrekter Rechnungstext (ohne §13b-Vermerk), Gelangensbestätigung (inkl. Vorlage), Alternativnachweise (z. B. CMR) und eine Checkliste.

Wichtiger Hinweis: Allgemeine Informationen, keine Steuerberatung. Bei Sonderfällen (z. B. Differenzbesteuerung, neue Fahrzeuge, Reihengeschäfte) bitte mit Steuerberater abstimmen.

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Begriffe in 60 Sekunden: Reverse-Charge vs. ig Lieferung

  • Reverse-Charge (§13b UStG) bedeutet: Die Umsatzsteuer schuldet ausnahmsweise der Leistungsempfänger – das betrifft vor allem bestimmte Leistungen und Sonderfälle. Eine „normale“ Fahrzeuglieferung innerhalb der EU ist in der Regel kein §13b-Fall.
  • Innergemeinschaftliche Lieferung (ig Lieferung): Du lieferst ein Fahrzeug von Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat an einen Unternehmer. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Lieferung in Deutschland steuerfrei (0 % USt).
  • Innergemeinschaftlicher Erwerb: Der Käufer versteuert den Erwerb in seinem Mitgliedstaat (Erwerbsteuer/Erwerb-USt). Das fühlt sich „wie Reverse-Charge“ an – ist aber begrifflich etwas anderes.
  • Gelangensbestätigung: Ein zentraler Nachweis, dass das Fahrzeug im Bestimmungsland angekommen ist (alternativ sind je nach Konstellation auch andere Belege möglich).
  • VIES/MIAS-Check: EU-System zur Prüfung der USt-IdNr. (wichtig: Prüfung & Dokumentation).

1) Voraussetzungen für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung

Damit du eine ig Lieferung im Kfz-Handel mit 0 % Umsatzsteuer abrechnen darfst, müssen (vereinfacht) folgende Punkte zusammenpassen:

  • B2B-Fall: Der Käufer ist Unternehmer und handelt als solcher (typisch: Händler/Autohaus im EU-Ausland).
  • Gültige USt-IdNr. des Käufers: vor der Lieferung prüfen (VIES/MIAS) und die Prüfung dokumentieren.
  • Warenbewegung: Das Fahrzeug wird tatsächlich aus Deutschland in einen anderen EU-Staat befördert/versendet.
  • Belegnachweise: Du hast einen sauberen Nachweis über das Gelangen ins Bestimmungsland (z. B. Gelangensbestätigung oder gleichwertige Belege).
  • Meldepflichten: Korrekte Deklaration in UStVA/USt-Erklärung und Zusammenfassender Meldung (ZM).

Merksatz: 0 % ist kein „Rabatt“, sondern ein Beweis-Thema: USt-IdNr. + Warenbewegung + Nachweis + Meldung.

2) Rechnung: Pflichtangaben & Beispiel-Rechnungstext

Die Rechnung ist oft der erste Prüfpunkt. Wichtig: Kein §13b-Vermerk auf einer ig Lieferungsrechnung. Stattdessen brauchst du einen Hinweis auf die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung.

Typische Pflicht-/Praxisangaben bei ig Lieferung (Auszug):

  • Deine USt-IdNr. und die USt-IdNr. des Käufers
  • Fahrzeug eindeutig identifizierbar: VIN/Fahrgestellnummer
  • Rechnungsdatum, fortlaufende Rechnungsnummer, Leistungsdatum/Lieferdatum
  • Steuersatz 0 % und ein klarer Hinweis auf Steuerbefreiung

Beispiel für einen Rechnungstext (häufig genutzt):

„Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gem. §4 Nr. 1b i. V. m. §6a UStG.“

Optional (je nach Setup) ergänzen viele Händler zusätzlich einen englischen Hinweis für ausländische Buchhaltungen, z. B. „VAT exempt intra-Community supply“.

3) Nachweise: Gelangensbestätigung & gleichwertige Alternativen (CMR & Co.)

Der wichtigste Praxishebel: Du musst belegen können, dass das Fahrzeug im anderen EU-Mitgliedstaat angekommen ist. Die Gelangensbestätigung ist dafür ein sehr verbreiteter Standard – aber nicht der einzige Weg.

3.1 Was gehört in eine Gelangensbestätigung?

  • Erwerber (Firma, Anschrift, USt-IdNr.)
  • Fahrzeugdaten (insb. VIN/Fahrgestellnummer)
  • Bestimmungsland und Bestimmungsort
  • Datum des Erhalts/der Ankunft
  • Erklärung/Bestätigung des Erwerbers + Unterschrift (oder elektronisch, je nach Prozess)

Vorlage: Wenn du schnell starten willst, nutze diese Vorlage als Basis (anpassbar an euren Prozess): Vorlage für die Gelangensbestätigung herunterladen

Alternative (falls dein Browser den Download-Button blockt): Direktlink öffnen

3.2 Welche Alternativen zur Gelangensbestätigung gibt es?

Je nach Transportart akzeptiert die Praxis (bei sauberem Bezug zur VIN) auch andere Belege, z. B. CMR-Frachtbrief, Spediteur-/Kuriernachweise oder nachvollziehbare Versanddokumente. Wichtig ist immer: Ankunft im Bestimmungsland + eindeutiger Bezug zum konkreten Fahrzeug.

KonstellationWas du mindestens sauber dokumentieren solltestSpedition/Kurier liefertFrachtbrief/CMR (mit Empfängerbestätigung), Versandauftrag, Rechnung des Dienstleisters, VIN-Bezug in den Unterlagen.Abholung durch Käufer / beauftragten FahrerAbholvollmacht, Ausweiskopie/Legitimation, Übergabeprotokoll mit Ort/Datum, Kennzeichen/Transportmittel, spätere Gelangensbestätigung oder gleichwertiger Nachweis.Eigene ÜberführungÜbergabe-/Anlieferbeleg im Bestimmungsland, interner Fahrten-/Transportnachweis, VIN-Bezug, ggf. unterschriebene Empfangsbestätigung.

4) Sonderfälle im Kfz-Handel (Abholung, Privatkunde, „neues Fahrzeug“)

4.1 Abholung durch den Käufer: warum das steuerlich heikel ist

Bei Selbstabholung ist das Risiko am höchsten, weil die Warenbewegung und die Ankunft schwerer nachweisbar sind. In der Praxis solltest du dir hier besonders sauber: Vollmacht, Identität, Übergabeort/-datum und später die Gelangensbestätigung sichern.

4.2 Verkauf an Privatkunden in der EU

Viele verwechseln B2B-ig Lieferung mit B2C-Verkäufen. An Privatkunden gelten andere Regeln (z. B. Fernverkaufs-/OSS-Themen). Ein besonders wichtiger Spezialfall im Kfz-Bereich: „neue Fahrzeuge“ können auch bei Verkauf an Privatkunden im EU-Ausland im Bestimmungsland steuerpflichtig sein.

4.3 Differenzbesteuerung (§25a UStG) & ig Lieferung

Wenn du Fahrzeuge differenzbesteuert verkaufst, ist die Abgrenzung zur ig Lieferung in der Praxis nicht trivial. Hier gilt: Sonderfall – bitte mit Steuerberater klären, welche Behandlung im konkreten Ankauf-/Verkaufskonstrukt korrekt ist.

5) Typische Fehler & Prüfungsrisiken

  • Falscher Rechnungshinweis: §13b/Reverse-Charge-Vermerk auf einer ig Lieferung → inhaltlich falsch und ein typischer Prüfungs-Trigger.
  • USt-IdNr. nicht geprüft/dokumentiert: Prüfung durchführen und Nachweis (z. B. PDF/Screenshot) ablegen.
  • Belege ohne VIN-/Referenzbezug: Dokumente müssen eindeutig dem Fahrzeug zuordenbar sein (VIN).
  • Nachweise zu spät: ig Lieferung steuerfrei gebucht, aber Gelangensbestätigung fehlt → Nachversteuerungsrisiko.
  • ZM vergessen: Ohne Zusammenfassende Meldung wird es in der Praxis unangenehm (Rückfragen/Versagungsrisiko).

6) Checkliste: ig Lieferung in 7 Schritten

  1. Käufer prüfen: Unternehmer? EU-Land? Stammdaten vollständig (Firma, Anschrift).
  2. USt-IdNr. validieren: VIES/MIAS-Check durchführen und dokumentieren.
  3. Deal & Fahrzeugdaten fixieren: VIN/Fahrgestellnummer in allen Dokumenten führen.
  4. Transport klären: Wer fährt? Spedition? Abholung? Dokumentationsplan je Konstellation festlegen.
  5. Rechnung korrekt erstellen: 0 % USt + Hinweis auf steuerfreie ig Lieferung (ohne §13b).
  6. Nachweise einsammeln: Gelangensbestätigung oder gleichwertige Belege (CMR etc.).
  7. Meldungen/Archiv: ZM/UStVA korrekt + digitale Ablage, damit Unterlagen schnell auffindbar sind.

7) So unterstützt Autaxo im Alltag

Wenn du viele EU-B2B-Verkäufe machst, entsteht der Aufwand weniger in der Rechnung – sondern im Nachweis- und Dokumentenprozess. Autaxo kann dich dabei unterstützen, diese Fälle als klaren Workflow abzubilden:

  1. Verkauf an einen EU-Händler anlegen (inkl. Pflichtfelder).
  2. Steuerlogik „innergemeinschaftliche Lieferung (B2B)“ im Vorgang auswählen (bzw. vorbelegen lassen).
  3. USt-IdNr.-Prüfung (VIES/MIAS) in den Prozess integrieren und dokumentierbar machen.
  4. Rechnungstext & Steuersatz auf 0 % konsistent halten.
  5. Dokumente zentral pro Fahrzeug/Vorgang ablegen (Rechnung, Lieferscheine, CMR, Gelangensbestätigung).
  6. Reminder/Status: Nachweise anfordern, nachfassen, bis vollständig.

Ziel: weniger Suchen, weniger „vergessen“, klarere Ablage pro Fahrzeugakte – damit Rückfragen aus Buchhaltung oder Prüfung schneller beantwortet werden können.

Mehr dazu: Funktionen · Preise · Demo buchen

FAQ

Ist eine innergemeinschaftliche Lieferung dasselbe wie Reverse-Charge?

Nein. Bei der ig Lieferung geht es um eine steuerfreie Warenlieferung (0 % USt) und den innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsland. „Reverse-Charge“ (§13b) wird oft als Suchbegriff genutzt, passt aber in der Regel nicht zur Fahrzeuglieferung.

Reicht ein CMR-Frachtbrief statt Gelangensbestätigung?

Oft ja – wenn der CMR sauber ausgefüllt ist, die Ankunft im Bestimmungsland erkennbar ist und der Bezug zum konkreten Fahrzeug (VIN) nachvollziehbar bleibt. Je sauberer der Dokumentenverbund, desto besser.

Was ist bei Abholung durch den Käufer besonders wichtig?

Identität und Vollmacht dokumentieren, Übergabeort/-datum festhalten und den späteren Nachweis der Ankunft (Gelangensbestätigung oder gleichwertig) konsequent nachziehen. Selbstabholung ist einer der häufigsten Prüfungs-Stolpersteine.

Muss ich die USt-IdNr. wirklich prüfen?

Ja, das ist ein zentraler Bestandteil der Beleg-/Buchnachweise. In der Praxis sollte die Prüfung dokumentiert werden (z. B. PDF/Screenshot), damit du sie im Zweifel nachweisen kannst.

Welche Angaben sollten unbedingt auf die Rechnung?

USt-IdNr. von dir und dem Käufer, VIN/Fahrgestellnummer, Lieferdatum und ein Hinweis auf die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung (ohne §13b). Details können je nach Fall variieren – im Zweifel mit Steuerberater abstimmen.

Wie lange muss ich Gelangensbestätigungen & Nachweise aufbewahren?

In der Regel gelten die üblichen Aufbewahrungsfristen für steuerlich relevante Unterlagen (typisch 10 Jahre). Wichtig ist die revisions-/GoBD-konforme Ablage in eurem System – und dass du es im Zweifel schnell wiederfindest.

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